Januar 16, 2017

Berliner Ärzteversorgung steigt aus Unternehmen der fossilen Brennstoffindustrie aus

Die Berliner Ärzteversorgung (BÄV), die Pensionskasse für Ärzte, hat ihren Beschluss vom Dezember 2015, ihre Beteiligungen an CO2-intensiven Anlagen zu beenden, jetzt konkretisiert und trennt sich in einem ersten Schritt von Ihren Geldanlagen in Unternehmen der Kohleförderung bzw. kohlebasierten Energiegewinnung. Weitere Divestments auch bei Öl und Gas sind beabsichtigt. Sie ist damit Vorreiter unter den ärztlichen Versorgungswerken.

Die Berliner Ärzteversorgung (BÄV), die über ein Anlagevermögen von über 7 Milliarden Euro verfügt und der fast alle Berliner Ärztinnen und Ärzte angehören, hat zum Jahresende auf ihrer Website bekannt gegeben (Informationen —Kapitalanlage — Divestment), dass sie ihre Beteiligungen an 40 Unternehmen der Kohleförderung bzw. kohlebasierten Energiegewinnung beendet. Dies gilt, soweit der Kohleanteil über 25 % des Umsatz des Unternehmens ausmacht. Sie setzt damit strengere Kriterien als die in der Öffentlichkeit viel beachtete Ankündigung der Allianz AG zu deren Kohle-Divestment im Vorfeld der Pariser Klimakonferenz (30% Anteil). Die BÄV hat ihre Manager angewiesen, die auf eine Ausschlussliste gesetzten 40 Unternehmen abzustoßen und die frei werdenden Mittel nicht wieder in CO2-intensive Anlagen zu reinvestieren. Zur Identifikation CO2-intensiver Anlagen in fossile Brennstoffe hat sie einen Filter entwickeln lassen, der ständig weiter verfeinert wird.

Die BÄV begründet Ihr Divestment mit den Ergebnissen der Pariser Weltklimakonferenz, der besonderen Verantwortung von Ärzten angesichts der Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit, dem überholten Geschäftsmodell der fossilen Brennstoffindustrie und den finanziellen Risiken, die solche Investments beinhalten. Sie bezeichnet ihr Divestment aus der Kohle als ersten Schritt, weitere Divestments aus CO2-intensiven Beteiligungen wie Öl- und Gasunternehmen seien beabsichtigt.

Die BÄV ist damit Vorreiter unter den 17 ärztlichen Pensionskassen in Deutschland. Auch bei anderen Ärzteversorgungswerken steht das Thema Divestment aus Unternehmen der fossilen Energieerzeugung auf der Tagesordnung. Die ärztlichen Pensionskassen verfügen zusammen über ein Anlagevermögen von fast 100 Milliarden Euro.

Vor knapp zwei Jahren hatten 110 Mitglieder in einem Brief die BÄV dazu aufgerufen, Ihre Beteiligungen an fossilen Energieunternehmen aus Klimaschutz- wie Gesundheitsgründen abzuziehen und sozial, ethisch und ökologisch nachhaltig zu reinvestieren. Im Frühjahr 2016 appellierten dann in einem ähnlichen öffentlichen Aufruf bundesweit weitere etwa 2700 Ärzte und Ärztinnen an ihre Versorgungswerke. Der bundesweite Appell wurde von 6 Ärzteorganisationen und zahlreichen angesehenen Ärztinnen und Ärzten unterstützt.

„Wir freuen uns sehr darüber, dass die Berliner Ärzteversorgung ihren Beschluss nun konsequent umsetzt und weitere Schritte zu einem Divestment auch bei Öl und Gas beabsichtigt. Sie setzt damit Maßstäbe für andere berufsständige Versorgungswerke. Wir sind zuversichtlich, dass das Beispiel Schule machen wird. Das Geschäftsmodell der fossilen Industrie hat keine Zukunft mehr. Versorgungswerke werden sich dieser Einsicht, soweit sie noch zögern – auch im Eigeninteresse – nicht länger verschließen können“, so Dr. med.Dieter Lehmkuhl Initiator des Divestment Appells.

Dr. med. Eckhard Schreiber-Weber ergänzt: „Wir ersuchen die BÄV, bei ihre weiteren Divestment Entscheidungen sukzessive auch die ganze Wertschöpfungskette der Kohleindustrie mit einzubeziehen, einschließlich der Finanziers (Finanzierungstöchter und Banken) und von Unternehmen, die Kohleinfrastruktur (wie den Bau von Kohlehäfen oder von neuen Projekten der Kohleförderung) bereit stellen.

Wir würden es zudem sehr begrüßen, wenn die BÄV – wie ggf. auch die anderen ärztlichen Versorgungswerke – die Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie unabhängig bewerten ließen und das Ergebnis transparent nach außen, – zumindest aber gegenüber ihren Mitgliedern – kommunizieren würden.“

Zum Hintergrund: Ärzte und die Kohle (fossile Energien)

Nach den nationalen Ärzteverbänden Großbritanniens, Kanadas und Australiens in den Jahren zuvor hatte im Oktober 2016 auch der Weltärztebund, der Zusammenschluss der nationalen Ärztevereinigungen – mit Zustimmung der Bundesärztekammer – seine Mitgliedsverbände und andere Gesundheitsorganisationen dazu aufgerufen, ihre Investitionen aus fossilen Energieunternehmen abzuziehen und zu Unternehmen der Erneuerbaren Energieerzeugung umzuschichten.

Während der Pariser Weltklimakonferenz hatten mehr als 13 Millionen Ärzte, Krankenschwestern und andere Angehörige der Gesundheitsberufe die Führer der Welt zum Handeln aufgerufen und ihre Sorge über die Gesundheitsrisiken zum Ausdruck gebracht, die in der Abhängigkeit der Welt von fossilen Energien gründen. Der Klimawandel ist die „größte Bedrohung der globalen Gesundheit des 21. Jahrhunderts“ so die Einschätzung der Lancet/UCL Commission on Health and Climate Change, wohl die Expertise zum Thema Klimawandel und Gesundheit. Ähnlich äußerte sich auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Inzwischen stellen sich immer mehr Ärzte u.a. Angehörige des Gesundheitssektors dieser Herausforderung zu stellen.

Die Initiatoren des Divestment-Appells an die Berliner Ärzteversorgung

Dr. med. Dieter Lehmkuhl, Tel: 030-4042365, dieterlehmkuhl(AT)gmx.net

Dr. med. Eckhard Schreiber-Weber,  Tel: 05222/61901,  eckhard(AT)dr-schreiber-weber.de

1 Die Berliner Ärzteversorgung (BÄV) hat zum Jahresende 2016 ihr Divestment aus der Kohle abweichend von ihren bisherigen Gepflogenheiten auf ihre Website gestellt. Da die BÄV traditionsgemäß ihre Anlagestrategie nicht aktiv nach außen kommuniziert, erfolgt diese Mitteilung durch uns, die Initiatoren des Briefes von 110 ÄrztInnen an die BÄV, die wir im Austausch mit der BÄV stehen. Die Mitteilung stützt sich im Wesentlichen auf die Informationen von der Website, die mit unseren Informationen aus der BÄV übereinstimmen.

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