Mai 22, 2018

600.000 Staatspensionen sind klimaschädlich – Bund verdoppelt Aktiengeschäfte auf 542 Millionen €

Staatssekretär a.D. Kasparick und Klimaschützer*innen fordern ein Ende staatlicher Spekulation mit Kohlekraftwerken, Gaspipelines und Ölbohrinseln

22.05.2018, Berlin. Der Bund finanziert 22,6 Milliarden € Pensionsrücklagen für rund 600.000 Bundesbeamte zunehmend klimaschädlich und wird dafür scharf von Klimaschützer*innen kritisiert. Das Innenministerium bestätigte in einer aktuellen Auskunft, dass der Bund bis Ende 2018 mindestens 542 Millionen € über Aktienfonds-Geschäfte in Kohle-, Öl- und Gas-Konzerne fließen lässt. Das ist eine Verdopplung zum Vorjahr [1] [2].

Auch der Bundes-Staatssekretär a.D. Ulrich Kasparick bezieht eine Staatspension und ruft die Verantwortlichen im Bundestag zu einer klimafreundlichen Finanzwende auf [3]. Kasparick sagt: “Der Bund hat sich in Interessenkonflikte mit Konzernen wie Total, BASF und Eni verstrickt, die den Klimaschutz untergraben. Staatspensionen dürfen nicht länger in Kohlekraftwerke fließen, auch nicht in Gaspipelines und Ölbohrinseln.”

Meike Schützek von der Klimabewegung ‘Fossil Free Berlin’ kommentiert: “Es wirkt, als wolle Deutschland mit einer halben Milliarde Euro auf das Scheitern seiner eigenen Klimaziele wetten. Diesen fatalen Eindruck sollte der Bundestag mit Divestment korrigieren. Die Welt wartet händeringend auf positive Klimaschutz-Signale aus Berlin.”

Mehr als 880 Investoren weltweit bekennen sich zu Divestment, darunter die Allianz, der norwegische Staatsfonds, sowie sechs Städte und drei Bundesländer in Deutschland [4]. Das Land Berlin hat sogar einen Aktienindex für Nachhaltigkeit (BENEXX) erstellen lassen, um Kriegswaffen, fossile Brennstoffe und Atomkraft aus seinen Pensionsrücklagen zu entfernen [5]. Über die Bundesbank können ihn andere Städte, Bundesländer und der Bund nutzen.

Laut Koalitionsvertrag will auch die Bundesregierung Aktiengeschäfte mit Atomkonzernen beenden. Fossil Free und Kasparick fordern, dass bei der nötigen Gesetzesänderung fossile Brennstoffe ebenfalls ausgeschlossen werden. Erlaubt sein sollen staatliche Investitionen nur noch in solche Unternehmen, “die mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar sind”, so Kasparick. Kohle-, Öl- und Gaskonzerne wären damit als Investitionsobjekte tabu.

###

Pressekontakt
Mathias v. Gemmingen / Co-Organisator FossilFreeBerlin.org / fossilfreeberlin@riseup.net
Tine Langkamp / 350.org / Koordinatorin Fossil Free Deutschland / tine@350.org, Tel. +49 15170169509

Fotos von Fossil Free Berlin stehen auf Flickr zur nicht-kommerziellen Nutzung zur freien Verfügung. Für andere Nutzungsrechte wenden Sie sich bitte an den Pressekontakt.
https://www.flickr.com/search/?text=fossil%20free%20berlin

Videomaterial der Aktion vom 22.06.2016 „Divestment-Befürworter reißen Berliner Mauer der fossilen Energie ein” steht auf Anfrage beim Pressekontakt zur Verfügung. https://www.facebook.com/fossilfreeberlin/videos/485448168333196/

Quellen & Anmerkungen
[1] Auskunft des Innenministeriums auf Anfrage von ‘DIE ZEIT’:
Drei Pensionstöpfe auf Bundesebene für rund 600.000 pensionierte Bundesbeamte haben zusammen ein Investitionsvolumen von 22,6 Mrd. €. Im Detail…
(1) Versorgungsrücklagen des Bundes (12,2 Mrd. €, Stand 31.12.2017)
(2) Versorgungsfonds des Bundes (3,9 Mrd. €, Stand 31.12.2018)
(3) Versorgungsfonds der Bundesanstalt für Arbeit (6,5 Mrd. €, Stand 31.12.2017)
Durch eine Gesetzesänderung wird der erlaubte Aktienanteil seit 2017 schrittweise von 10 auf 20% angehoben. Pensionstopf (2) + (3) haben 20% schon erreicht, (1) folgt bis Ende 2018. Investiert sind sie in Aktien aus dem EuroStoxx50-Index.
https://www.zeit.de/2018/19/investitionen-bund-pensionsgelder-fossile-brennstoffe/seite-2

[2] Im EuroStoxx50 sind 7 Konzerne mit einem Wertanteil von 12% enthalten, die klimaschädliche Geschäfte mit Kohle, Öl, Gas machen – einige zusätzlich auch mit Atom: BASF / Enel / Engie / Eni / E.on / Iberdrola / Total. Analyse der Carbon Delta AG (Stand Mai 2018): https://www.carbon-delta.com/ + https://www.finanzen.net/index/Euro_Stoxx_50

[3] Onlinepetition von U. Kasparick erreicht 10.000 Unterzeichner*innen (Stand 14.05.2018):
https://weact.campact.de/petitions/divest-bundestag

[4] Aktienindex BENEXX des Landes Berlin:
https://www.berlin.de/sen/finanzen/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.546128.php

[5] Mehr als 880 weltweite Anleger ziehen Investitionen aus Kohle, Öl und Gas ab: https://gofossilfree.org/divestment/commitments/

Über Fossil Free Berlin
Erfahrene Campaigner*innen und Ehrenamtliche gründeten 2014 ‚Fossil Free Berlin‘ und erzielten 2016 einen ersten großen Erfolg: Als Reaktion auf öffentlichkeitswirksame Aktionen und eine dauerhafte Divestment-Debatte beschloss das Parlament des Landes Berlin, 823 Mio. € Versorgungsrücklagen aus Unternehmen abzuziehen, die mit fossilen Brennstoffen, Atomkraft und Kriegswaffen Geschäfte machen. Das Berliner Team ist Teil der internationalen Klimabewegung ‚Fossil Free‘, die von der Klimaschutz-Organisation ‚350.org‘ und Bill McKibben (Träger des Alternativen Nobelpreises 2014) initiiert wurde. In Deutschland sind 25 Divestment-Initiativen aktiv, weltweit über 1.000. Sie setzen sich für 100% erneuerbare Energie und eine Abkehr von der fossilen Brennstoff-Industrie ein.

 

FacebookTwitter