Schon zum Global Divestment Day im Februar 2015 wurde der Bund für Umwelt und Naturschutz Leipzig (BUND) mit einer Fotoaktion zum Thema Divestment aktiv und gehörte damit zu den Pionieren in Deutschland. Doch bei einem Foto sollte es nicht bleiben. Nach dem internationalen Aktionstag begann die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Divestment im BUND-Arbeitskreis Klima und Energie. Die Gruppe war überzeugt, dass auch die Stadt Leipzig öffentlich für den Abzug der städtischen Finanzanlagen aus klimazerstörenden Kohle-, Öl- und Gasunternehmen eintreten sollte.

 

Schnell nahm der Arbeitskreis Kontakt zu potentiellen Verbündeten und Entscheidungsträger*innen in der Stadt auf. Dazu gehörten die damalige umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Leipziger Stadtrat, sowie die Arbeitsgemeinschaft ADELE der Leipziger Linkspartei. Um der Divestment-Forderung Substanz zu verleihen, mussten wichtige Informationen eingeholt werden. Ende 2015 stellte die umweltpolitische Sprecherin der Grünen also eine kleine Anfrage an die Verwaltung und erkundigte sich nach der Zusammensetzung der Finanzanlagen der Stadt Leipzig. Die schriftliche Antwort ging im Januar 2016 ein und zeigte, dass die Leipzig tatsächlich Finanzanlagen in Höhe von €4 Mio. besitzt, die in den fossilen Sektor investiert sind. Außerdem hält die Beteiligungsgesellschaft LVV der Stadt Leipzig Finanzanlagen – davon 7,5 % an der Verbundnetz Gas AG. (Gesamtvermögen Finanzanlagen sind insg. 103,5 Mio. EUR = 95,8 Mio. EUR Spezialfonds und 7,7 Mio. EUR Festgeldanlage)

Mit diesen Informationen gerüstet, organisierten die Divestment-Aktiven in Leipzig eine BUND-Informationsveranstaltung im Februar 2016. Zu dieser waren unter anderem Gewerkschaften (Divestment-Kritiker), Mitglieder der Linkspartei, der Grünen, des BUND, der SPD, des Ökolöwen und von Greenpeace eingeladen und nahmen zum großen Teil an. Diese Veranstaltung mobilisierte die Teilnehmenden zu einer erneueten öffentlichkeitswirksamen Aktion des BUNDs bei einem globalen Divestment Aktionstag. Bei der Fotoaktion forderten Stadträte der Grünen und Mitglieder von ADELE der Linkspartei, Leipzig auf zu divestieren. Bei der Aktion waren auch Landtagsabgeordnete beider Parteien vor Ort.

 

Der BUND Leipzig blieb im Folgenden mit beiden Parteien im Gespräch und unterstützte mit einem Fachvortrag bei der Mitgliederversammlung der Leipziger Grünen Ende Mai 2016 den Divestment-Antrag. Der nächste Teilerfolg ließ nicht lange auf sich warten. Die Mitgliederversammlung der Grünen forderte die Stadtratsfraktion der Grünen auf, einen Divestment-Antrag in die Ratsversammlung einzubringen. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen.

 

Mitgliederversammlung der Grünen

Bereits Ende Februar 2016 versuchte ADELE beim Stadtparteitag der Linkspartei einen ähnlichen Antrag einzubringen. Dieser wurde leider nicht angenommen, jedoch direkt an die Stadtratsfraktion weitergeleitet. Die Fraktion sollte selbst entscheiden, wie sie sich zu Divestment verhalten wollte.

Dann im Herbst 2016 erarbeiteten Vertreter*innen des BUND, der Grünen und der Linken einen Antragsentwurf, den die Stadtratsfraktionen der Grünen und Linkspartei gemeinsam in das Verfahren einbringen wollten. Leider konnte dies nicht realisiert werden. Nach der Bundestagswahl 2017 kam ein ähnlicher Antrag endlich auf die Tagesordnung der Ratsversammlung des Stadtrates Leipzig. Die Fraktion der Linken brachte einen Änderungsantrag zum Antrag der Grünen ein. Dieser setzte sich schlussendlich in den meisten Punkten durch.

Der Beschluss hält fest, dass die städtische Finanzanlagen sollen ab dem Haushaltsjahr 2018, nicht mehr in Bereiche investieren, die ökologisch, sozial und/oder ethisch bedenklich sind. Die Anlagestrategie soll halbjährlich überprüft werden.

Die Ausschlusskriterien sind umfassend. Im fossilen Sektor schließt die Stadt Leipzig jedoch nur Fracking und Kohlekraft aus. Leider werden Investitionen in die Erdöl- und Erdgasunternehmen weiter zugelassen, obwohl Firmen wie Exxon, BP oder Shell Erdöl, die Klimakrise weiter anheizen. Es ist also noch Platz nach oben. Hier die Liste der neuen Ausschlusskriterien:

  • keine Beteiligung an Unternehmen, die auf Atomkraft setzen oder Schiefergasgewinnung (so genanntes Fracking) betreiben;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die Waffen- und Rüstungsgüter herstellen oder vertreiben;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, welche nicht international anerkannten Prinzipien wie die UN Universal Declaration of Human Rights und die ILO Declaration on Fundamental Principles and Rights at Work (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Diskriminierung) einhalten.
  • Die Umsetzung erfolgt in Form von Ausschlusskriterien (Blacklist) gemäß der Beschlusspunkte
  • Keine Beteiligung an Unternehmen, die Kohlekraft nutzen;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die in grüner Gentechnik (Agrogentechnik) engagiert sind;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die Tierversuche bei Kosmetika durchführen;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, denen in den letzten vier Jahren Bestechungs- oder Korruptionsfälle nachgewiesen worden sind;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die Lebensmittel-/Agrarspekulationen betreiben.

 

Schlussendlich steht noch nicht fest, wie viel Geld die Stadt aus Unternehmen des klimazerstörenden, fossilen Sektors abzieht. Wir werden ihr weiter auf die Finger schauen und euch auf dem Laufenden halten.

Bis dahin gilt unser Dank vor allen Dingen dem BUND Leipzig. Sie haben uns einer post-fossilen, gerechteren Gesellschaft einen Schritt näher gebracht hat.

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