Nach 5 Jahren Divestment-Kampagne bei 350.org und der Klimabewegung verzeichnen wir eine starke Dynamik und echte Durchbrüche. Mehrere Hundert Institutionen auf der ganzen Welt haben sich verpflichtet, ihr Geld aus der Kohle-, Öl- und Gasindustrie abzuziehen. Zu Beginn der Kampagne sollten die Kohle-, Öl- und Gasunternehmen an den Pranger gestellt werden, wobei es zunächst weniger um Geld als vielmehr um gesellschaftspolitische Einflussnahme ging. Doch inzwischen werden Billionen US-Dollar an verwaltetem Vermögen deinvestiert und ständig gehen neue Zusagen ein – die Geldströme werden umgeleitet. Wir müssen und können uns fragen, wie wir diese veränderten Geldströme selbst (statt nur den Kampf dafür) nutzen können, um unsere Vision voranzutreiben. Was können wir mit den Ressourcen aufbauen, von denen bislang die Kohle-, Öl- und Gasindustrie gelebt hat?

 

Investitionsprinzipien

 

Die folgenden Prinzipien wurden vom Regenerative Finance Team übernommen und angepasst und gemeinsam mit der Movement Generationund der Climate Justice Allianceentwickelt. Wie wir wissen, sind Investitionsentscheidungen in jeder Institution eine sehr komplexe Angelegenheit – es gilt, Bedürfnisse, Werte und Auftrag sowie die vorhandenen Möglichkeiten abzuwägen. 350.org ist keine Investment-Beratung, aber wir finden, dass unsere Investitionen mit unserer Vision in Einklang stehen müssen, wenn wir die Welt so verändern wollen, wie es notwendig ist. In der Zusammenarbeit mit Institutionen, die Investitionsentscheidungen treffen, werden wir weiter darauf drängen, bei Geldanlagen darauf zu achten,

  • dass sie lokalen Bevölkerungsgruppen den Rücken stärken und deren Wohlergehen fördern: Investiert in kleine, vielfältige, selbstverwaltete Unternehmen in der Hand der Bevölkerung, wo mehr Menschen und Gruppen von Investitionen profitieren.
  • dass sie die wirtschaftliche Kontrolle von oben nach unten verlagern: Investiert dort, wo die Interessen von Beschäftigten und Gemeinschaften sowie der Unternehmenserfolg Vorrang haben.
  • dass sie den Arbeitsplatz demokratisieren: Investiert in Unternehmen, die der Belegschaft gehören, die Demokratie und Rechte am Arbeitsplatz fördern und ihren Beschäftigten die ortsüblichen Löhne zahlen.
  • dass sie soziale Gerechtigkeit fördern: Investiert in Unternehmen, die aktiv gegen soziale Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft, der Sozialschicht, des Geschlechts, des Migrantenstatus und anderer Formen von Unterdrückung vorgehen.
  • dass sie das Gleichgewicht und die Widerstandskraft der Umwelt fördern: Investiert in Unternehmen, die die ökologische Belastbarkeit verbessern, den Ressourcenverbrauch verringern und sich gegen eine Wirtschaft wenden, die auf der Ausbeutung menschlicher und natürlicher Ressourcen basiert, insbesondere gegen die Kohle-, Öl- und Gasindustrie.
  • dass sie Produktions- und Konsumweisen verändert: Unterstützt mit euren Investitionen den nachhaltigen Auf- und Ausbau im Sektor der erneuerbaren Energien, um die Emissionen auf null zu senken.
  • dass sie die Öffentlichkeit stärken: Investiert in öffentliche Infrastrukturprojekte für Abfallvermeidung, saubere Energien und Verkehrsmittel, die für einen gerechten Umstieg und erneuerbare ökologische Systeme unverzichtbar sind.

 

 

Häufige Fragen

 

Ja. Die Anlagewelt für Investitionsmöglichkeiten, die mit diesen Prinzipien vereinbar sind, nennt man „Impact Investing”. Natürlich gibt es viele Impact-Investment-Produkte und -Manager, die nicht dem Standard dieser Prinzipien entsprechen, aber es gibt auch die guten. Man findet sie z. B. in Investorennetzwerken wie Transform Finance (.org) oder kann sich durch eine entsprechend spezialisierte Beratung konsultieren lassen. Entscheidend ist, dass die Investor*innen sich darüber informieren, wie lokale Gemeinschaften in der jeweiligen Region von den Investitionen profitieren können.

Die Klimakrise und andere gesellschaftliche Krisen haben dieselben Ursachen: Kapitalismus, Kolonialismus, Patriarchat, Ungleichheit – um nur einige zu nennen. Wenn wir die Klimakrise nur dadurch bekämpfen, dass wir auf erneuerbare Energien umsteigen, wird es uns womöglich nicht gelingen, Lösungen für die gesamte Umweltkrise zu entwickeln. Wenn wir die Klimakrise und die Umweltkrise überwinden wollen, müssen wir ein ganzes Spektrum von Problemen angehen, also z. B. Kapitalismus, Kolonialismus, Patriarchat und Ungleichheit. Wir müssen alle menschlichen Lebenssysteme umbauen: Sie dürfen keinen Zweifel daran lassen, dass die Menschen viele Generationen in die Zukunft denken müssen, dass sie nicht nur gute Bürger*innen, sondern auch gute Vorfahren sein müssen, dass sie nicht mehr nehmen dürfen, als sie brauchen und dass sie dem Land auch etwas zurückgeben müssen, um die Zyklen der Regeneration und des Ausgleichs zu schützen und zu stärken.

Unsere Wirtschaft muss sowohl der physischen Realität eines Planeten mit begrenzten natürlichen Ressourcen und Müllaufnahmekapazitäten als auch der ethischen Realität, dass extreme Ungleichheit nicht vertretbar ist, Rechnung tragen. Die derzeitige Wirtschaft, die auf grenzenlosem Wachstum beruht, verfehlt beide Kriterien. Eine neue Ökonomie erfordert einen grundlegenden Umstieg auf ganzheitliche Lebenssysteme, ökologische Integrität als Weltanschauung, Gleichheit und soziale Gerechtigkeit. Unsere Investitionsprinzipien sind darauf gerichtet, Investitionen so umzuschichten, dass sie das neue Modell der „erneuerbaren ökologischen Ökonomie” unterstützen.

Ein Mindestbetrag ist nicht erforderlich. Der Betrag richtet sich nach der Größe, der finanziellen Situation und den Werten der jeweiligen Organisation.

Ja, gibt es – hier ein Beispiel des Rockefeller Brothers Fund..

Im Allgemeinen erzielen Investitionen nach diesen Prinzipien kurzfristig weniger Gewinne als konventionelle Investitionen. Da sich aber immer größere Teile der Wirtschaft auf erneuerbare Wertschöpfung umstellen, ist es wahrscheinlich, dass diese Geldanlagen zukünftig die konventionellen, auf Ausbeutung beruhenden Investitionen überholen und damit höhere Gewinne und Renditen erzielen werden. Selbst wenn nur ein Teil des frei werdenden Kapitals im erneuerbaren Bereich reinvestiert wird, kann die Gesamtrendite steigen.

Die größte Hürde ist die persönliche Überzeugung der Investor*innen. Haben sie sich einmal entschlossen, nach diesen Prinzipien zu investieren, finden die meisten Investor*innen auch die Ressourcen und Möglichkeiten, nach denen sie suchen. Sogenannte Mischfonds zum Beispiel, ein wichtiger Bestandteil mittelgroßer Portfolios institutioneller Investor*innen, werden häufig als Hindernis für Investitionen gemäß den Prinzipien angeführt. Glücklicherweise investieren zahlreiche Fonds in Projekte für erneuerbare Energien, den Bau von erschwinglichem Wohnraum und andere Arten von Impact Investments. Eine Auswahl davon bietet diese Liste. Wer auf derartige Investitionen umsteigen will, braucht Zeit und Motivation, um diese und andere Chancen auszuloten.

Investitionen können Projekte für einen gerechten Umstieg auf erneuerbare und saubere Energien fördern, etwa die Weiterbildung von Beschäftigten und den Ausbau der Infrastruktur, aber sie müssen sich nicht darauf beschränken.

Investitionen sollten mindestens einem dieser Prinzipien genügen und die anderen Prinzipien dabei nicht beeinträchtigen. So sollten beispielsweise Investitionen in den öffentlichen Sektor nicht zu wachsender Ungleichheit oder zu Umweltschäden führen.

 

Ressourcen zum Thema ethisch-ökologisches  Banking

Viele Institutionen fragen sich, wie sie ihre Gelder anlegen sollen, wenn sie sich für ein Divestment entschieden. Denn auch wenn Investitionen in fossile Brennstoffe ausgeschlossen werden, kann der CO2-Fußabdruck der Investitionen gleich bleiben oder sogar ansteigen. Bei einem Ausschluss von fossilen Brennstoffen , aber einer gleichzeitigen Verlagerung in die Flug-, Zement-, oder Automobilindustrie  zum Beispiel. Oder wenn Investoren Unternehmen ausschließen, die Kohlekraftwerke betreiben, aber weiterhin in Unternehmen investieren, die nach Kohle suchen, sie abbauen oder transportieren.

Daher raten wir zu einem umfassenden Beschluss die umfassende, ethisch-ökologische Anlagerichtlinien ermöglichen. Weiter unten finden sich sinnvolle Hinweise und Ressourcen für nachhaltiges Investment.

Und hier findest du unseren Vorschlag für ein starkes Negativkriterium für fossile Brennstoffe.

 

Anlagekriterien für deine Institution

Das Geld deiner Stadt, Uni, Kirche oder Bank soll von Kohle-, Erdöl- und Erdgasunternehmen abgezogen werden. Das ist Divestment. Doch wo soll das Geld hin? Es soll natürlich  nicht in andere ethisch oder ökologisch problematische Geschäfte fließen. Damit das nicht passiert, sollte deine Institution eine ganze Reihe an Negativ- und Positivkriterien für ihre Geldanlage anwenden.

Münster hat es vorgemacht. Berlin und Stuttgart ziehen gerade nach. Die Städte haben Divestment beschlossen und sich mit alternativen Investitionsformen beschäftigt. Das Thema ist komplex und die Finanzangestellten der Städte, Unis, Kirchen und Banken, die sich für Divestment entschließen, müssen sich genau informieren, um sinnvolle Geldanlagen zu tätigen. Diese Linksammlung kann daher nur ein Anfang sein. Das Thema bedarf weiterer Pioniere im ethisch-ökologischen Investment und Nachahmer.

Ein besonders positives Beispiel von Anlagekriterien entwickelte Brot für die Welt.  Auch die GLS-Bank arbeitet mit umfassenden Anlagekriterien (download), die deine Stadt, Uni oder Kirche als Vorbild für ihre Geldanlage nutzen kann. Die katholische Kirche gibt weitere Empfehlungen für ethisch-nachhaltiges Investieren.

Weitere Beispiele liefern inzwischen auch Städte aus Deutschland, die sich dem Abzug klimaschädlicher Investitionen verpflichtet haben. Bremen ist dabei absoluter Vorreiter mit den bislang stärksten Anlagerichtlinien, die von einer Fossil Free Gruppe erkämpft wurden.

In Berlin wird ein neuer Aktienindex für Geldanlagen aus der Versorgungsrücklage des Landes von oekom research AG und Soactive AG entwickelt und betreut. Der Prozess dauert noch an.

Weitere Informationen zu guten Investitionsalternativen, die sogar Klimalösungen finanzieren, findest du unter anderem in diesem Testbericht. Außerdem informiert die Verbraucherzentrale ausführlich und gut über klimafreundliche Geldanlagen.

 

Kein Renditeverlust

Aus Keine Rendite um jeden Preis: So funktioniert die Geldanlage mit gutem Gewissen (Fokus.de Januar 2018):

„Entgegen mancher Vorurteile bedeutet nachhaltiges Investieren aber nicht gleich Renditeverzicht. Zwischen herkömmlichen und sauberen Aktienfonds ließen sich über drei Jahre Laufzeit kaum Leistungsunterschiede messen, ergab eine Studie von Scope. Nachhaltige Fonds erzielten gar eine leicht höhere Rendite. „Eine Entscheidung zwischen gutem Gewissen und Rendite gibt es also nicht.

Zu einem ähnlichen Urteil kam die Universität Kassel 2014. Sie nahm 35 Analysen über die Leistung von nachhaltigen Fonds verglichen mit herkömmlichen unter die Lupe. Davon konnten 15 Studien keinen Unterschied in der Wertentwicklung feststellen, 6 konstatierten eine schlechtere Leistung nachhaltiger Fonds, aber 14 eine bessere.

Verbraucher sollten allerdings nicht blind Fonds mit dem Etikett „nachhaltig“ vertrauen. „Es gibt keinen verlässlichen gesetzlichen Mindeststandard für ethisch-ökologische Fonds“, warnt die Verbraucherzentrale Bremen. Anleger kämen nicht drum herum, sich Fonds genau anzuschauen.“

Banken mit ethisch-ökologischer Ausrichtung

  • Vorreiter im ethisch-ökologischen Banking sind hierzulande die Ethikbank, die GLS-Bank  und die Triodosbank. Mehr Informationen darüber, wie du ein eigenes Bankkonto wechseln möchtest.
  • Im Fair Finance Guide findet ihr weitere Bewertungen von Banken in Deutschland nach ethisch-ökologischen Kriterien

 

ZU UNSEREN DIVESTMENT-FORDERUNGEN 

 

 

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