Viele unserer regionalen Banken behaupten öffentlich, dass sie sich für Nachhaltigkeit und Klimaschutz engagieren, aber sie finanzieren weiterhin die Öl-, Kohle- und Gasindustrie, die die Klimakrise antreibt. Dies zeigte auch der Fair Finance Guide in diesem Jahr. Das ist scheinheilig und wir denken, dass es an der Zeit ist, etwas dagegen zu tun. 

Dieser offene Brief unterzeichnet von Akteuren der Zivilgesellschaft (siehe unten) wurde am 1. November 2016 an den Vorstandsvorsitzenden Herrn Rainer Neske gesendet und drängt ihn und die LBBW zu konsequentem Divestment. Füge dem Brief hier deine Stimme hinzu und teile ihn über Email, Facebook und Twitter.

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Sehr geehrter Herr Neske,

wir gratulieren Ihnen herzlich zu Ihrem Amtsantritt als Vorstandsvorsitzender der Landesbank Baden-Württemberg. Sie übernehmen eine große Verantwortung – und eine große Gestaltungsmöglichkeit. Wir, die unterzeichnenden Nicht-Regierungsorganisationen, ersuchen Sie: Nutzen Sie die Chance für einen verantwortungsvollen Auftakt und setzen Sie den längst überfälligen Ausstieg Ihrer Bank aus klimaschädigenden Unternehmen um.

Dieser Tage findet in Marrakesch der 22. Klimagipfel statt, bei dem die Staaten über konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele des Pariser Abkommens beraten. Es gilt, die Erderwärmung auf unter 2 Grad Celsius zu begrenzen. Klar ist: Die bereits heute genutzten Öl- und Gasfelder sowie Kohletagebaue enthalten so viel Kohlenstoff, dass bei ihrer vollständigen Nutzung, das 2-Grad-Limit überschritten wird.[1] Es dürfen also keine neuen Förderstätten eröffnet und keine weiteren Kraftwerke für fossile Brennstoffe gebaut werden. Klar ist damit auch: Jegliche Investitionen in und Kreditvergabe an Unternehmen, die fossile Brennstoffe fördern und verwerten, sind unvereinbar mit den Zielen des Pariser Klimavertrags.

Seit Jahren bekennt sich die Landesbank Baden-Württemberg öffentlich zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Doch in den Erklärungen zur Nachhaltigkeit wie der Klimastrategie oder den “Leitplanken Nachhaltigkeit” fehlen klare Ausschlusskriterien. Die Richtlinien der LBBW sind somit völlig unzureichend, um echte Nachhaltigkeit und die Vermeidung von Klimaschäden sicherzustellen. Bereits ein kurzer Blick ins – wenig transparente – Portfolio der Bank offenbart, dass die LBBW zahlreiche klimaschädigende Unternehmen finanziert, bzw. in diese investiert ist. Stichprobenerhebungen zufolge finanzierte die LBBW zwischen 2010 und 2015 mindestens 709 Millionen Euro in zehn ausgewählte Unternehmen (u.a. RWE und Vattenfall), die im Braunkohlesektor aktiv sind.[2] Von der LBBW aufgelegte Fonds sind darüber hinaus in Unternehmen wie Royal Dutch Shell, Total und BHP Billiton investiert.[3]

Mit dieser rückwärtsgewandten Energie- und Klimastrategie hinkt die LBBW der weltweit wachsenden Bewegung von Banken und Investoren hinterher, die ihr Geld zunehmend aus Kohle, Öl und unkonventionellem Gas abziehen. Weltweit haben sich bereits über 600 Institutionen, darunter auch Pensionsfonds, Versicherer und Banken, dazu verpflichtet, klimaschädliche Investitionen und Kreditvergaben zu beenden.[4] Sie nehmen damit Verantwortung für das Klima wahr und vermeiden unkalkulierbare Risiken für ihre eigenen Kunden.[5]

Unlängst hat nun auch die Stadt Stuttgart den Beschluss zum Divestment gefasst. Und die baden-württembergische Landesregierung hat sich im Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, die LBBW bei der Entwicklung einer Divestment-Strategie zu unterstützen. Sehr geehrter Herr Neske, wir rufen Sie auf: Nutzen Sie diesen Rückenwind aus der Politik und unter den Anteilseignern der LBBW. Bekennen Sie sich öffentlich zum von der Politik geforderten Divestment und legen Sie eine konkrete Strategie für den zeitnahen und umfassenden Ausstieg aus Investitionen in und Finanzierung von fossilen Energieträgern vor. Tragen Sie zum effektiven Klimaschutz bei und sorgen Sie für eine wirklich nachhaltige LBBW – auch im Interesse Ihrer Kunden.

Wir stehen Ihnen bei diesem Prozess gerne zur Seite. In Erwartung einer Antwort mit konkreten Aussagen zu geplanten Divestmentschritten und Zeitplänen verbleiben wir mit freundlichen Grüßen,

Antje Schneeweiß, Südwind

Barbara Happe, urgewald e. V.

Carolin Jaschek , Fossil Free Stuttgart

Clarissa Seitz, BUND Kreisverband Stuttgart

Felix Müller, Klimastadt Konstanz

Katrin Beushausen, Campact e. V.

Manfred Niess, Klima- und Umweltbündnis Stuttgart (KUS)

Moritz Nöltner-Augustin, Fossil Free Heidelberg

Tine Langkamp, 350.org

Thomas Küchenmeister, Facing-Finance e.V.

 

[1] Oil Change International (Hrsg.), The Sky’s Limit: Why the Paris climate goals require a managed decline of fossil fuel production (2016)

[2] Urgewald e. V. (Hrsg.). Europas größte Klimakiller (2015)

[3] Facing Finance e. V. (Hrsg.). Research-Note zum Investitionsverhalten der LBBW (2016)

[4] Liste der Divestment-Verpflichtungen weltweit, 350.org

[5] “BlackRock issues climate change warning: Investors must adapt their portfolios to combat global warming, says world’s largest asset manager”, Financial Times, 6. September 2016

Black Rock Studie “Adapting portfolios to climate change” September 2016

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