Warum sollten Städte ihre RWE-Beteiligungen verkaufen?

Das Zeitalter der fossilen Energien neigt sich rapide dem Ende entgegen. Konzerne wie RWE, deren Kerngeschäfte genau darauf aufbauen, sind in Zukunft nicht haltbar. Die Städte im Ruhrgebiet müssen jetzt in eine zukunftsfähige Wirtschaft investieren, die den Menschen vor Ort neue Perspektiven schafft, anstatt auf eine sterbende Industrie zu setzen, die immer größere Löcher in die kommunalen Haushalte reißt.

Warum sollte Divestment ausgerechnet im Ruhrgebiet, in Städten wie Essen stattfinden?

Die Menschen in Essen sind mit RWE und dem Kohleabbau groß geworden, aber die Kohle hat keine Zukunft und steht vor dem Aus. Das ist gut so, denn Kohlekraftwerke setzen Treibhausgase frei und heizen damit dem Weltklima ein und gefährden die Gesundheit mit Feinstaub und Quecksilber – auch im Rheinland. Kohle­-Tagebaue berauben Menschen ihrer Heimat und zerstören die Natur ­- hier im Ruhrgebiet und in den Ländern, aus denen Deutschland Kohle importiert.  Jetzt geht es darum, die Zeichen der Zeit zu erkennen und anstatt in eine Industrie von gestern, in einen Strukturwandel zu investieren, der zukunftsfähige Arbeitsplätze vor Ort schafft. Außerdem stellen Investitionen in fossile Energien ein hohes finanzielles Risiko für die Kommunen dar, wie das Beispiel RWE nachdrücklich zeigt.

Was für Investitionsalternativen stellen Sie sich vor?

Investieren können Städte wie Essen in klimaschonende Bereiche, zum Beispiel in die Stromerzeugung durch erneuerbare Sonnen­- und Wind­energie in der Region oder in die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. Ein Beispiel könnte ein Fonds in Energiesparmaßnahmen sein.

In Essen hängt der öffentliche Nahverkehr stark von der finanziellen Performance von RWE ab, da dieser durch die Rendite der RWE-Aktien der Stadt finanziert wird. Bei einem weiterhin schlechten Kurs von RWE wird dies große Lücken in den öffentlichen Haushalten der Städte verursachen. Durch ein Divestment kann die lokale Wirtschaft dekarbonisiert und der öffentliche Haushalt stabilisiert werden.

Wollen Sie die Arbeitsplätze der RWE AG riskieren?

Die Arbeitsplätze in der Kohleindustrie werden unausweichlich immer weiter schrumpfen und verschwinden. Anstatt weiterhin in überholte Konzerne zu investieren, die unausweichlich immer weiter Stellen abbauen, geht es jetzt darum in den Strukturwandel zu investieren, der den Menschen vor Ort neue Perspektiven eröffnet.

Seit 2011 nimmt der Konzern massive Personalkürzungen vor und investiert in keiner Weise in eine Umschulung der Mitarbeiter*innen oder in eine Umstellung des Kerngeschäfts hin zu erneuerbaren Energien. Fast jeder vierte Arbeitsplatz wurde im Energiesektor seit der Marktöffnung abgebaut. Die RWE AG stellt sich nicht der Verantwortung für ihre Mitarbeiter*innen.

Doch der Strukturwandel durch die Energiewende ist auch ohne RWE nicht mehr aufzuhalten. Immer mehr Unternehmen im Sektor der erneuerbaren Energien bieten Arbeitsplätze in einer zukunftsfähigen Branche. Arbeitsplätze bei der RWE waren zwar über Jahrzehnte sicher und gewerkschaftliche Standards und die Organisierung über Betriebsräte in der erneuerbaren Branche müssen wesentlich verbessert werden.  Dennoch ist klar, dass in der erneuerbaren Wirtschaft mehr und zukunftsfähigere Arbeitsplätze liegen.

Ein Ruhrgebiet ohne RWE ist nicht vorstellbar!

Die letzten 30 Jahre sind geprägt von der Entwicklung neuer Wirtschaftszweige im Ruhrgebiet. Dazu zählen Umwelt- und Energietechnik, Informations- und Kommunikationswirtschaft, Logistik, Gesundheitswirtschaft, unternehmensorientierte Dienstleistungen wie Beratung und Werbung sowie wissensbasierte Technologien im Mikro- und Nanobereich und in der Biomedizin. Im Unterschied zu den früher dominierenden Großunternehmen der Kohle- und Bergbau-Industrie sind es nun kleine und mittelständische Unternehmen, die sich als besonders innovativ und flexibel erweisen und somit das Ruhrgebiet nachhaltig prägen.

Strukturwandel bedeutet Arbeitslosigkeit für die Massen!

Strukturwandel ist die notwendige Konsequenz wirtschaftlicher Entwicklung, technischen und gesellschaftlichen Fortschritts. Branchen,die früher dominierten, haben an Bedeutung verloren, andere sind dazu gekommen, die es früher zum Teil gar nicht gab.

Viele Akteure gestalten den Strukturwandel im Ruhrgebiet. Starke Veränderungen bleiben da nicht aus. Statt weiterhin Geld in sterbende Industrie zu pumpen, muss nun in einen sozial gerechten Strukturwandel investiert werden.

Dabei ist klar, dass Umschulungen und Weiterbildungsangebote zusammen mit sozialen Absicherungen für Arbeiter*innen notwendig sind, um den Strukturwandel in Zukunft im Interesse der Bürger*innen zu gestalten.

Um ein paar Zahlen zu nennen: Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat 2013 rund 371.400 Menschen Arbeit gebracht. Dabei lassen sich 261.500 Arbeitsplätze unmittelbar auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zurückführen. In 2015 wurden 50.000 zusätzliche Arbeitsplätze im EE Sektor geschaffen. (Quelle: BMWi)

Wenn die Stadt RWE-Aktien verkauft, werden sie von einem ausländischen Unternehmen aufgekauft. Wie wollen Sie dann dafür sorgen, dass die Kohle im Boden bleibt?

Aktien können bereits jetzt von Heuschrecken aufgekauft werden. Egal, ob ausländisch, inländisch oder international. Das Abschalten der Kohlekraftwerke verkleinert den Markt und hilft so, die Kohle hier und anderswo im Boden zu lassen. Unabhängig davon, wer die Kohle abbaut und wer sie verbrennen will.

Was ist mit den Ewigkeitslasten aus Stein- und Braunkohleabbau, die RWE und andere zu tragen haben? Wie sollen die Rückstellungen für die Entsorgung, Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle aufgebracht werden?

Die Gesellschaft, die Volkswirtschaft, zahlt den Preis. Immer. Egal wie man es organisert. Entstehen Kosten für Unternehmen, werden die auf den Preis umgelegt. Bilden Unternehmen Rückstellungen, vermindern die den Gewinn und damit die Steuerlast. Und geht die Firma pleite ohne ausreichende Rückstellungen, trägt die Gesellschaft die Kosten. Gewinne werden privatisiert und Kosten sozialisiert bzw. verstaatlicht. 

RWE will ein Tochterunternehmen für die Erneuerbare Sparte gründen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Oder?

Ja, RWE will sich stärker in die erneuerbare Branche einbringen. Doch die Kommunen haben nichts davon. Sie werden weiter die Aktien des alten Konzerns besitzten und somit die Altlasten Kohle und Atom tragen müssen. Es ist klar, dass die Kommunen das alte, wenig gewinnbringende und klimaschädliche Geschäft weiter tragen müssen.

Wollen Sie, dass RWE pleite geht?

Darum geht es in unserer Kampagne nicht. Es geht uns darum, dass RWE sein klimaschädliches Geschäftsmodell beendet und in eine erneuerbare Zukunft steuert. Doch der Konzern blockiert den nötigen Wandel auf politischer und gesellschaftlicher Ebene seit Jahrzehnten.

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