Tine Langkamp interviewte Fabian Ehmann von der Grünen Jugend zum Thema Divestment in Rheinland-Pfalz.

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Fabian Ehmann hat den Divestment-Impuls nach Rheinland-Pfalz gebracht.

Fabian, wann hast du zum ersten mal von Divestment gehört?

Auf einem Seminar über Energie- und Klimapolitik der Grünen Jugend 2014 in Münster. Dort wurde sowohl die Grundidee von Divestment als auch die Kampagne von 350.org vorgestellt. Ich habe mich dann via Internet weiter über Divestment informiert und war von dem Thema begeistert. Divestment verdeutlicht, dass Energie- und Klimapolitik keine eigenständigen Themen sind, sondern immer themenübergreifend gedacht werden müssen. Hier wird Energie- und Klimapolitik eng mit Finanzpolitik verzahnt und verdeutlicht, dass Nachhaltigkeit den Rahmen um alle Entscheidungen treffen muss.

Was ist seit dem Tag in Münster in 2014 passiert?

Jede Menge. Im Sommer 2015 fragte ich den damaligen energiepolitischen Sprecher unserer Landtagsfraktion, Bernhard Braun, ob und wie man Divestment in das grüne Wahlprogramm für die Landtagswahl im März 2016 mitaufnehmen könnte. Daraufhin befragte die Landtagsfraktion zunächst das rheinland-pfälzische Finanzministerium zum Thema Divestment. Dabei kam heraus, dass das Ministerium quasi noch nie davon gehört hat beziehungsweise keine nachhaltigen Anlagerichtlinien für Landesmittel existieren. [Anmerkung: Die Kleinen Anfragen mit Antworten finden sich hier und hier.]

Im Winter 2015 haben die Grünen Rheinland-Pfalz auf einem Parteitag beschlossen, das Thema Divestment und die Forderung nach einer Divestmentstrategie für das Land in ihr Wahlprogramm für die Landtagswahl im März 2016 aufzunehmen.

Nach der Landtagswahl nahmen wir Grüne Koalitionsverhandlungen mit der SPD und der FDP auf, womit der Grundstein für eine Debatte über Divestment in den Koalitionsverhandlungen gelegt wurde. Denn außer uns Grünen hatte keiner der heutigen Koalitionspartner das Thema in sein Wahlprogramm mitaufgenommen. Im Koalitionsvertrag einigten sich Grüne, SPD und FDP auf ökologische, soziale und ökonomische Anlagerichtlinien für den Pensionsfonds.
In der neuen Legislatur des Landtags befasste sich einer der ersten Anträge der Regierungsfraktionen mit dem Thema Divestment in Rheinland-Pfalz. Darin wird die Landesregierung aufgefordert, die genannten Anlagerichtlinien sowie eine Divestmentstrategie für alle direkten und indirekten Investitionen des Landes Rheinland-Pfalz zu entwickeln. Außerdem soll geprüft werden, ob der Nachhaltigkeitsindex für Aktien, den das Land Berlin gerade entwickeln lässt, auch in Rheinland-Pfalz angewendet werden kann.

 Was hat dich bewegt aktiv zu werden?

Persönlich motiviert hat mich die Tatsache, dass mit der Divestment-Bewegung eine Bewegung entstanden ist, die Klimaschutz über eine neue Herangehensweise aufgegriffen hat, nämlich über den Ausstieg aus direkten oder indirekten finanziellen Beteiligungen an klimaschädlichen Investitionen. Geld ist für Menschen, die sich bisher nicht oder nur wenig mit Klimaschutz beschäftigt haben, greifbarer als das abstrakte CO2. Somit können Menschen auch über das Thema nachhaltige Geldanlagen einen Zugang zu Klimaschutz bekommen.

Hinzu kam, dass ich als aktives Mitglied einen direkten Draht zur grünen Landtagsfraktion habe und daher das Thema Divestment unmittelbar an diese herantragen konnte.

Aber auch wenn man keinen direkten Draht zu Politiker*innen hat, lohnt es sich auf jeden Fall, diese auf Divestment mit einer oder auch mehreren Mails aufmerksam zu machen. Sollte das nicht helfen, kann man auch im Abgeordnetenbüro anrufen oder sogar in die Sprechstunde eines Abgeordneten gehen und diesen direkt auf Divestment ansprechen.

Denkst du die Anlagerichtlinien  werden stark genug ausfallen, um wirklich alle Kohle-, Öl- und Gasunternehmen auszuschließen? Oder wird es Schlupflöcher geben, so dass einige Gas-, Öl- oder Kohleunternehmen in den Investitionen des Landes verbleiben werden.

Da das Vermögen des Pensionsfonds aktuell in Schuldscheinen der Länder investiert ist, werden die neuen Anlagerichtlinien für den Pensionsfonds erstmal keine Desinvestitionen aus fossilen Energien nach sich ziehen. Das Vermögen des Pensionsfonds darf in Zukunft jedoch auch in Aktien und Fonds investiert werden. Daher werden wir Grüne uns dafür einsetzen, dass durch die neuen Anlagerichtlinien den Klimawandel fördernde Investitionen zukünftig ausgeschlossen werden.

Darüber hinaus wird die Landesregierung im Zuge der Entwicklung einer Divestmentstrategie alle direkten und indirekten Investitionen des Landes kritisch auf ihre Verträglichkeit mit dem Klimaschutz prüfen und deren Weiterführung in Frage stellen.

Vielen Dank Fabian. 

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Weitere Informationen zu den Zahlen, Daten und Fakten des Divestment  in Rheinland-Pfalz

Die Antworten gab Daniel Köbler von den Grünen im Landtag Rheinland-Pfalz

Wie hoch ist das Vermögen, für das die neuen Anlagekriterien gelten sollen?

Das Vermögen des Pensionsfonds beläuft sich auf 5,5 Mrd. Euro. Davon soll jedoch nur ein Teil in Aktien oder Aktienfonds angelegt werden.

Ist nur die Beamtenversorgung betroffen oder auch andere Gelder des Landes?

Unser Beschluss richtet sich an alle Anlagenrichtlinien des Landes. Wir hatten in der letzten Legislatur zwei Kleine Anfragen zum Thema Divestment gestellt [Die Kleinen Anfragen mit Antworten finden sich hier und hier]. Aus der Antwort der Landesregierung geht hervor, dass weitere Geldanlagen im Kernhaushalt des Landes, der Landesbetriebe und des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung im kurzfristigen Bereich zur Liquiditätssteuerung genutzt werden. Sie werden bei Kreditinstituten sowie den Ländern und beim Bund als Sicht- oder Termineinlagen getätigt. Geldanlagen im Rahmen der Liquiditätssteuerung müssen über den Finanzsektor abgewickelt werden. Inwieweit diese kurzfristigen Anlagen dem Anspruch unseres Divestment-Beschluss entsprechen, können wir derzeit noch nicht sagen. Der Beschluss des Landtags fordert die Landesregierung nun dazu auf, eine Divestment-Strategie zu entwickeln und die bestehenden Anlagen zu überprüfen. Darunter fallen dann auch die Unternehmen mit Landesbeteiligung. Mit dem Beschluss im Rücken, werden wir dieses Thema gestärkt angehen.

Bis wann sollen die Anlagerichtlinien erstellt werden und wann sollen sie in Kraft treten?

Es gibt noch keinen konkreten Zeitplan, wann die Anlagenrichtlinie fertig werden soll, entsprechende Vorarbeiten laufen jedoch. Da wir in unserem Landtagsbeschluss, auch die Landesregierung beauftragt haben zu prüfen, ob der Nachhaltigkeitsindex der Stadt Berlin auch in Rheinland-Pfalz angewendet werden kann, müssen wir u.A. abwarten bis dieser erstellt ist.

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