Konsequentes Handeln muss nun dem geduldigen Papier folgen.

Nordrhein-Westfalen hat im Januar 2016 mit einem Beschluss im Landtag den Anfang gemacht. Es folgten Baden-Württemberg im Mai (Koalitionsvertrag), Berlin im Juli (Beschluss im Abgeordnetenhaus) und zuletzt Rheinland-Pfalz im September (Landtagsbeschluss). Aufgrund des steigenden öffentlichen Drucks ausgehend von kreativen und mutigen Fossil Free Gruppen und des strategischen und zukunftsweisenden Vorgehens einiger Landespolitiker*innen, kann die Divestment-Bewegung diese Erfolge feiern.

Doch die Wortwahl für die Beschlüsse fallen sehr unterschiedlich aus. Wie konsequent die Implementierung neuer Anlagerichtlinien sein wird, wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen. Werden alle fünf Bundesländer Kohle-, Öl- und Gasinvestitionen beenden? Oder bleiben Schlupflöcher für fossile Investitionen? Werden nur die Pensionsrücklagen klimafreundlich angelegt oder wirken sich die Entscheidungen auch auf direkte Unternehmensbeteiligungen und Anleihen aus? Mehr Informationen zum Stand in den einzelnen Bundesländern und Divestment auf Bundesebene findest du im folgenden Text.

16343135958_a68fa2b254_z

Nordrhein-Westfalen: Laut einer Correctiv Recherche liegt NRW mit 81 Millionen Euro auf Platz zwei der Länder mit den meisten klimaschädlichen Investments. Einem Beschluss des Landtags vom Januar 2016 folgt nun die Erarbeitung neuer „nachhaltiger, klimafreundlicher, und sozialer” Anlagekriterien für die Altersvorsorge seiner Beamt*innen und Richter*innen, die bis 2018 vollständig umgesetzt sein sollen. Dabei soll die Altersvorsorge in einem neuen Pensionsfond im Wert von 10,3 Milliarden Euro zusammengelegt werden.

Baden-Württemberg ist bei den Klimakiller-Investitionen (noch) auf Platz eins unter den Bundesländern. Die Versorgungsrücklage und der Versorgungsfond, die der Altersvorsorge der Landesbeamt*innen dienen, investieren gut 190 Millionen Euro in Unternehmen, die ihr Geld mit Kohle, Öl und Gas erwirtschaften. Doch im August 2016 kündigte das Finanzministerium an, dass die beiden insgesamt 5,3 Milliarden Euro schweren Fonds Investitionen aus fossilen Konzernen zurückziehen. Außerdem bekräftigte BaWü bereits mit dem Koalitionsvertrag vom Mai 2016 sowohl den Wunsch nach einer „Divestment-Strategie” für die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) als auch einen „Corporate Governance Kodex” für die Landesbeteiligungen.

Berlin: Hart erkämpfte Fossil Free Berlin den Divestment-Beschluss im Juli 2016. Der Erfolg spricht für den langen Atem der Gruppe. Alle fünf Parteien im Abgeordnetenhaus stimmten für den Abzug öffentlicher Gelder aus Unternehmen, „deren Geschäftsmodell dem Ziel der Klimaneutralität widerspricht”.  Auch in Berlin betrifft die Entscheidung die Altersvorsorge des Landes von rund 750 Millionen Euro. Laut Berliner Senat sind 78 Mio. Euro davon im Aktiensegment angelegt und beinhalten unter anderem Anteile an RWE, E.ON und Total. Bis zum 1.1.2017 soll ein Finanzdienstleister die neuen Anlagerichtlinien für Berlin entwickelt und implementiert haben.

27731428902_96a79be664_o

Rheinland-Pfalz: Ein Antrag der Grünen hat Anfang September 2016 den Divestment-Ball in Rheinland-Pfalz ins Rollen gebracht. Laut der Allgemeinen Zeitung bestehen die 5,29 Milliarden Euro des Fonds für die Altersvorsorge vor allem aus Schuldscheinen des Landes sowie einer geringen Menge Bargeld. Der Divestment-Beschluss ist somit vor allen Dingen zukunftsweisend, könnte neue Investitionen in Kohle, Öl, und Gas verhindern und ethisch-ökologische Geldanlagen ermöglichen. Doch auch hier müssen die Anlagekriterien zunächst entwickelt werden. Wie streng oder lachs sie ausfallen und ob Klimakiller-Investitionen konsequent ausgeschlossen werden, wird sich noch zeigen.

Für diese Länder ist Divestment noch Zukunftsmusik

Sachsen-Anhalt: Laut Correctiv-Recherche investiert das Land Rund 16 Millionen Euro in klimaschädlichen Firmen wie Total und BP oder den australischen Bergbaugiganten Rio Tinto. Eine kleine Anfrage der Linken vom 15. August 2016 bringt mehr Licht in die verworrene Investitionspolitik. Nun wurde eine Debatte zum Thema Divestment angestoßen – doch bisher ist die Rendite weitaus wichtiger für das Land als ethische und ökologische Bedenken.

Auch nach der viel beachteten Correctiv-Recherche antwortet die Landesregierung auf die kleine Anfrage der Linken mit einer Absage bezüglich strenger Divestment-Kriterien. Zwar soll der Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die Anlagen angeblich überdenken wollen, doch bevor es überhaupt zu einem bindenden Divestment-Beschluss kommen kann, müssen noch einige Hürden und parteiliche Widerstände überwunden werden. Im demokratischen Prozess stehen folgende Schritte als nächstes an: Das Finanzministerium muss die bisherige Anlagestrategie prüfen, daraufhin wird der Kapitalmarktausschuss des Landtages das Thema diskutieren. Voraussichtlich erst im Frühjahr 2017 beschäftigt sich dann der Finanzmarktausschuss mit Divestment.

Bremen: Die Gruppe Fossil Free Bremen tut alles, um auch in ihrem Bundesland ein Divestment zu ermöglichen. Klimaschädliche Geldanlagen sollen ihrer Meinung nach so schnell wie möglich der Vergangenheit angehören. Nun haben sie einen bemerkenswerten Teilerfolg erzielt: vor wenigen Tagen (am 24. September 2016) haben die Grünen bei der Landesmitgliederversammlung einen Divestment-Beschluss gefasst. Somit hat Fossil Free Bremen einen Verbündeten für ihre Forderungen gefunden. Wohlmöglich kann noch in diesem Jahr ein Divestment-Antrag im Landtag eingebracht werden.

Und was tut sich auf Bundesebene?

27756843931_a76b287c97_oNicht viel. Seit 2007 legt der Bund zehn Prozent seines Versorgungsfonds im Eurostoxx 50 an, 2008 folgte auch der Fonds der Bundesagentur für Arbeit. In diesem Index sind mit Total, Repsol und ENI gleich drei Konzerne vertreten, die ihr Geschäft überwiegend mit fossilen Energien bestreiten. Laut einer kleinen Anfrage der Grünen und Analysen des Carbon Disclosure Project legt der Bund so insgesamt rund 112 Millionen Euro in fossile Unternehmen an. Das ist auf keinen Fall mit den Pariser Klimazielen zu vereinbaren. Wir fordern daher weiterhin Divestment und eine schnellstmögliche, konsequente Umsetzung klimafreundlicher Anlagekriterien.

 

FacebookTwitter