Dezember 3, 2016

Klimaschützer fordern die Landesbank Baden-Württemberg auf, Investitionen in klimaschädliche Kohle-, Öl- und Gasunternehmen zu beenden.

Auch die Baden-Württembergische Landesregierung fordert zu Divestment auf. Nun ist eine konsequente Umsetzung gefragt.

Klimaschützer von Fossil Free, dem Klima- und Umweltbündnis Stuttgart sowie dem BUND Kreisverband Stuttgart demonstrierten heute vor der Hauptzentrale der LBBW in Stuttgart. Sie fordern die Bank auf, Investitionen in die Kohle-, Öl- und Gasindustrie als Mitverursacher des Klimawandels zu beenden.

Insgesamt soll die Bank eine nachhaltige Anlagenpolitik entwickeln und umsetzen. Die BadenWürttembergische Landesregierung kündigte bereits an, Investitionen in die fossile Industrie zu beenden und die LBBW bei der Entwicklung einer Divestment-Strategie zu unterstützen [1]. Carolin Jaschek von Fossil Free sagt: „Die LBBW darf als Landesbank nicht hinter der politischen Entwicklung zurückbleiben und muss ihre Verantwortung für den Klimaschutz ernst nehmen“. Manfred Niess vom Klima- und Umweltbündnis Stuttgart sagt: „Divestment – also der Abzug von Geldern aus dem Kohle-, Öl- und Gassektor– ist sowohl für den Klimaschutz als auch für den Schutz der öffentlichen Finanzen ein angemessenes Instrument. Das hat auch die Stadt Stuttgart eingesehen und verfolgt nun eine nachhaltige Anlagestrategie.“

Die Umweltverbände fordern die neue Führung der LBBW auf, sich ein Beispiel an den Anlagerichtlinien der Stadt Stuttgart [2] zu nehmen und entsprechende Kriterien für die Bank zu verabschieden. Um auf das Thema und die Forderung aufmerksam zu machen, veranstalteten sie am 02.12.2016 eine Aktion vor der LBBW-Zentrale in Stuttgart. Verkleidet als Kohlenstoffblase, mit Bannern und einem Kohle-Haufen verteilten sie Flyer an Passant*innen und Bankmitarbeiter*innen und erläuterten die Aktion mit dem Megafon.

Der Klimagipfelbeschluss von Paris 2015, der die Erderwärmung auf maximal 1,5° C begrenzen will, bedeutet eine Dekarbonisierung der Weltwirtschaft bis 2050. Dies bedeutet auch, dass ein Großteil der fossilen Energiereserven in der Erde bleiben müssen.

Eine Änderung ihrer Anlagenpolitik sollte auch im Interesse der LBBW liegen: Kunden wie die RWE haben mit Kursverlusten von über 50% in einem Jahr zu kämpfen. Die von Sir Nicholas Stern beschriebene „Carbon Bubble“ rückt ebenfalls sehr schnell näher. Die Carbon Bubble oder Kohlenstoffblase bezeichnet die aufgeblähte Investitionsblase in fossile Brennstoffe. Sie ist das Ergebnis einer Überbewertung von Kohle-, Öl- und Gasreserven, die nicht berücksichtigt, dass der Großteil der fossilen Reserven einem hohen Risiko ausgesetzt ist, unverwertbar zu sein. Daher müssen Pensionsfonds der Europäischen Union künftig Risiken wie die Carbon Bubble bei Investitionsentscheidungen berücksichtigen. [3]

Die Umweltverbände fordern von den Vertretern der Landesregierung im Aufsichtsrat der LBBW, Finanzministerin Edith Sitzmann und Staatsminister Klaus-Peter Murawski, die im Koalitionsvertrag gemachten Aussagen zu Divestment nachdrücklich einzufordern und umzusetzen.

 

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KONTAKT

Klima- und Umweltbündnis, Manfred Niess,  0711 / 29 70 82, mniess@t-online.de, www.kus-stuttgart.de

Stuttgart Fossil Free Stuttgart, Carolin Jaschek, 0176 / 226 423 27, fossilfreestuttgart@risrup.net, www.fossilfreestuttgart.wordpress.com

Fotos Bilder zur Aktion sind hier zu finden. Copyright: Fossil Free Stuttgart

Anmerkungen für die Redaktion

[1] Im Koalitionsvertrag der Grün-Schwarzen Regierung steht zu lesen: „Die Landesbank fördert das Interesse an nachhaltigen und ökologischen Investments. Das Land unterstützt die Landesbank auf dem Weg zur Entwicklung einer Divestment-Strategie.“ (S.15) In einem Interview in den Stuttgarter Nachrichten vom 24.10.2016 erklärte die Staatssekretärin Gisela Splett zudem, die Sondervermögen des Landes sollten nicht mehr bei Klimasündern angelegt werden.

[2] Die Stadt Stuttgart hat im Juli neue Anlagerichtlinien verabschiedet: Aus der Vermögensanlage werden Unternehmen ausgeschlossen, die in den Rohstoffabbau von Kohle und Öl und unkonventionelles Erdgas investieren.

[3] Die EU verpflichtet Pensionsfonds in der Europäischen Union künftig Sozial- und Umweltstandards bei ihren Investitionen zu berücksichtigen. Unter anderem müssen die betrieblichen Altersversicherungen in Zukunft Klimarisiken bei Investitionsentscheidungen berücksichtigen. (klimaretter.info, 27.11.2016)

[4] Reaktionen der LBBW

Der bisherige LBBW-Chef Hans-Jörg Vetter war nicht bereit, auf Anfragen von Umweltgruppen einzugehen und versteckte sich hinter dem Geschäftsgeheimnis. Obwohl die LBBW anderslautende ökologische und soziale Selbstverpflichtungen formuliert hat, investiert die Bank in oder finanziert kontroverse Unternehmen. LBBW-Kunden, die den Klimawandel weiter anheizen, sind unter anderem Royal Dutch Shell, RWE, Total und Vattenfall. Im Folgenden zwei von vielen Beispielen, die unzureichenden Nachhaltigkeitsbemühungen der Bank zeigen:

a) Klimawandel Die Richtlinien der LBBW zum Thema Klimawandel sind nach wie vor ungenügend. Es gibt keine konkreten Hinweise darauf, ob es in der Verwaltung von eigenen Geldern, von Kundengeldern, oder im Kreditgeschäft Richtlinien zum Klimaschutz gibt. Insbesondere hat die LBBW sich bislang nicht dazu verpflichtet, klimaschädliche Tätigkeiten wie den Abbau von sowie die Energiegewinnung aus fossilen Energieträgern für Finanzierungen und Investitionen auszuschließen. Eine konkrete Richtlinie als Strategie der Bank im Bereich der regenerativen Energien liegt bislang jedoch nicht vor.

b) Öl und Gas In der Branchen-Länder-Matrix der LBBW werden Prüfaspekte für den Erdöl-/Erdgassektor thematisiert. Auch wenn die ILO Kernarbeitsnormen von Öl- und Gasunternehmen eingehalten werden müssen, um für die LBBW zur Investition des freien, ungebundenen Eigenkapitals in Frage zu kommen, bleibt sie weiterhin sehr vage. Themen wie Unfallverhütung und Abfallmanagement werden zwar genannt, jedoch wird kein Bezug zu kontroversen Aktivitäten, wie beispielsweise arktischen Tiefseebohrungen, Explorations- und Gewinnungsvorhaben in Schutzgebieten oder Landaneignungen sowie Korruptionsvorfällen in der Branche hergestellt. Damit erfüllt die LBBW nur 4% der Prüfkriterien des Fair Finance Guide für die Finanzierung von bzw. Investition in Öl- und Gasunternehmen.

Die fehlenden Selbstverpflichtungen der LBBW im Bereich Öl und Gas werden durch das Investitionsverhalten der Bank bestätigt. Von der LBBW aufgelegte Fonds sind in Total investiert. Das Unternehmen ist aktiv in der Erschließung und Gewinnung von Öl- und Gasreserven und trägt so zu Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörung bzw. klimaschädlichen Treibhausgasemissionen bei. Durch die finanzielle Unterstützung dieses kontroversen Unternehmens ist die LBBW mitverantwortlich für daraus resultierende Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung. (http://www.fairfinanceguide.de/ffg-d/banken/lbbw/, Stand November 2016)

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