Blog von Fossil Free Stuttgart

Jede Menge Zustimmung, 6 Gegenstimmen und 5 Enthaltungen: Der Stuttgarter Gemeinderat entscheidet für nachhaltige Anlagekriterien! Konkret bedeutet das, dass öffentliche Gelder aus Kohle, Öl und unkonventionellem Gas abgezogen bzw. nicht neu investiert werden. Damit geht die Stadt auf die Bedrohung durch den Klimawandel und drohende finanzielle Verluste ein.

© Michel Laborda

© Michel Laborda

 

Mit dem Beschluss werden etwa 75 der 600 Stoxx-Europe Unternehmen von der städtischen Vermögensanlage ausgeschlossen, darunter die EnBW, EON, RWE, BASF, Bayer und weitere Konzerne mit Geschäftsfeldern in fossilen Brennstoffen. Hier findet ihr die Beschlussvorlage, die noch durch den Ausschluss von unkonventionellem Gas / Fracking ergänzt wird, und die Anlagerichtlinien von 2015 zum Nachlesen.

Ein Großteil der weltweiten Kohle-, Öl- und Gasreserven darf nicht verbrannt werden, um den globalen Temperaturanstieg unter der 2°C-Marke zu halten. Aus diesem Grund und wegen der massiven Wertverluste, die diesen Unternehmen in Folge der Kohlenstoffblase als Konsequenz drohen, kappen immer mehr Investoren ihre finanziellen Verbindungen zu der Industrie.

Stuttgart schließt sich der weltweit wachsenden Bewegung von Investoren an und hat als Landeshauptstadt ein bundesweites Zeichen gesetzt. Als wichtiger Anteilseigner der LBBW (18.93%) mit OB Kuhn als Aufsichtsratsmitglied wäre der nächste folgerichtige Schritt der Stadt Stuttgart, diese Anlagerichtlinie auch bei der LBBW einzubringen.

Seit Juli 2015 drängt Fossil Free Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Klima- und Umweltbündnis Stuttgart und dem BUND Kreisverband Stuttgart auf ein Divestment der Stadt, also einen Abzug öffentlicher Anlagegelder aus Kohle, Öl und Gas. In Gesprächen mit Politikern, mit kreativen Aktionen und in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Verbänden hat die Initiative ihr Anliegen kontinuierlich verfolgt und nun einen beachtlichen Erfolg erzielt.

„Wir freuen uns sehr, dass die Stuttgarter Verwaltung erkannt hat, dass fossile Brennstoffe nicht zukunftsfähig sind und es unethisch ist, öffentliche Gelder in Konzerne fließen zu lassen, die maßgeblich den Klimawandel vorantreiben“, kommentiert Carolin Jaschek von Fossil Free Stuttgart den Beschluss.

Mit Bannern, Wimpeln und verkleidet als Kohlenstoffblase machten die Aktivisten vor der Gemeinderatssitzung in einer Demonstration auf dem Marktplatz noch einmal öffentlich auf das Thema aufmerksam und demonstrierten das zivilgesellschaftliche Interesse an der Sache.Die mit der Petition gesammelten Unterschriften überreichten sie dem erste Bürgermeister der Stadt Michael Föll (CDU). Hannes Rockenbauch und Christoph Ozasek (SÖS / Linke) besuchten die Aktion ebenfalls. In der Abstimmung selbst fanden die Vertreter der großen Parteien und Fraktionen lobende Worte für das Engagement und die Relevanz von Fossil Free Stuttgart.

 

Fossil Free Stuttgart übergibt ihre Petition an den Bürgermeister. © Michel Laborda

 

Mit den überarbeiteten Anlagerichtlinien bemüht sich die Stadtverwaltung, dem Grundsatz der Nachhaltigkeit nachzukommen, der vor einem Jahr verabschiedet wurde. „Geld stinkt eben manchmal doch. Deswegen muss die öffentliche Hand schauen, wo Steuergelder gut angelegt sind“, begründet Anna Deparnay-Grunenberg von den Grünen die Entscheidung während der Sitzung des Verwaltungsausschusses. Die neuen Anlagekriterien der baden-württembergischen Landeshauptstadt und der Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH sollen ab dem 1. September 2016 beim Erwerb neuer Papiere beachtet werden. Im Portfolio enthaltene Papiere, die die Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllen, sollen verkauft werden.

Weitere Gründe, die zum Ausschluss führen, sind die Erzeugung von Atomenergie, Menschenrechtsverletzungen wie Zwangs- und Kinderarbeit, Verletzung der Menschenwürde im Konsumbereich, Herstellung von Militärwaffen und -munition, gentechnische Veränderung von Pflanzen oder Saatgut, gesetzlich nicht vorgeschriebene Tierversuche im Kosmetikbereich, Verwicklung in Korruptions- und Bestechungsvorfälle. Die angelegten Kriterien sind damit strenger als die der Stadt Münster, die als Vorbild dienten. Bei der Definition der Ausschlusskriterien beachtete die Stuttgarter Verwaltung die Forderungen von Fossil Free Stuttgart ebenso wie Richtlinien der Evangelischen und der Katholischen Kirche sowie des norwegischen Pensionsfonds. Sowohl SPD als auch Grüne und Linke hatten im April 2016 entsprechende Anträge gestellt.

Der Ausschluss von Unternehmen, die mit Gas Profit machen, war im Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion und der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS noch aufgeführt, schaffte es nun aber nicht in den finalen Antrag. Als Grund gilt die angestrebte Nutzung des fossilen Brennstoffs als Übergangstechnologie beispielsweise in den Stadtwerken.

Und wie geht’s jetzt weiter? War’s das für Fossil Free Stuttgart, Ziel erreicht?

Auf keinen Fall! Wir machen weiter, denn die städtischen sind ja nun nicht die einzigen Gelder, die aus den Fossilen abgezogen werden müssen. Was als nächstes kommt, wollen wir bei unserem nächsten Treffen besprechen. Du bist herzlich willkommen mitzudiskutierenen, mit eigenen Ideen im Gepäck oder ohne, Hauptsache mit Begeisterung!

Wann und Wo: Dienstag, 02.08., 19:00, Umweltzentrum in der Rotebühlstraße 86/1 im Hinterhof

Fossil Free Stuttgart

© Michel Laborda

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